Wenig Verwunderung über erneute Kostenexplosion bei Sanierung der Stadthalle

Der CDU Stadtverband Göttingen sieht Befürchtungen bestätigt. Die komplette Pressemitteilung zur erneuten Kostensteigerung gibt es hier.

Die nun angekündigte Kostenexplosion bei der Sanierung der Stadthalle um weitere 6,9 Millionen Euro stößt bei den Göttinger Christdemokraten auf Unverständnis, jedoch nicht auf Verwunderung.


“Die jüngste Korrektur der Baukosten nach oben kommt für uns keineswegs unerwartet. In den vergangenen Jahren haben wir immer wieder vor drastischen Steigerungen gewarnt und dabei auch Summen um 40 Millionen Euro genannt. Was damals als Schwarzmalerei abgetan wurde, ist heute Realität, die wir bezahlen müssen“, so Carina Hermann, Vorsitzende des CDU Stadtverbandes.


Fast schon unter Realsatire falle der Umstand, dass in der ersten Gesamtkalkulation grundlegende Dinge, wie Garderobe, Kücheneinrichtung oder ein weiterer Fahrstuhl, fehlten. Hermann führt ebenfalls an, dass sich schon früh größere Preisschwankungen abzeichneten: „Seit Beginn der Planungen gab es immer wieder Zweifel an genannten Kosten. Lücken in der Ausstattungsplanung, Verteuerung von Baumaterialien und Dienstleistungen – all diese Punkte, die sich bereits früh abzeichneten, haben die Kostenvarianz von 12 bis 15 Prozent, die die Verwaltung 2017 angab, sehr blumig erscheinen lassen.“


Man sei sich bewusst, dass ein damals von der CDU-geforderter Neubau -egal an welchem Standort ebenfalls heute teurer geworden wäre, dennoch hätte man so eine von Grund auf neu konzipierte Halle geschaffen, die den Anforderungen der nächsten 20 bis 30 Jahre standgehalten hätte. „Stattdessen behalten wir eine Halle aus dem letzten Jahrtausend. Da helfen auch keine aufgearbeiteten Stühle oder ein Mischpult, das von der GWG geliehen werden muss“, urteilt Hermann.


„Wir bedauern, dass es die Verwaltung zum damaligen Zeitpunkt verpasst hat, ergebnisoffen alle möglichen Varianten im Umgang mit der Stadthalle zu prüfen. Neben der nun durchgeführten Kernsanierung hätte man einen Neubau -sowohl am jetzigen als auch an einem neuen Standort- oder die Erweiterung der Lokhalle intensiver auf den Prüfstand stellen müssen“, so Hermann.

Zukünftig wünsche sich die CDU ein unabhängiges Gremium, welches städtische Großbauprojekte begleite und so für ausreichend Kontrolle sorge. Ebenfalls sei denkbar, dass gewisse Projekte aus der Verwaltung herausgelagert würden. Für zukünftige Bauvorhaben müsse man aus den Erfahrungen der Stadthallensanierung lernen, um bereits begangene Fehler nicht zu wiederholen. „Wir brauchen bei Investitionen und derartigen Projekten mehr Transparenz und Ehrlichkeit. Geschönte Schätzungen und minimierte Kostenaufstellungen helfen nicht weiter. Kommunalpolitikerinnen und -politiker sowie Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf nachvollziehbare Alternativvorschläge und realistische Einschätzungen – denn am Ende geht es um unser aller Steuergeld“, so Hermann.


„Die Oberbürgermeisterin hat bereits Vorschläge in diese Richtung getätigt und Verbesserungen angekündigt, die wir ausdrücklich begrüßen. Wichtig ist, dass diese in die Tat umgesetzt werden. Die Stadt hat sich nun endgültig für die Sanierung entschieden. Die Verwaltung muss nun wirklich alle Mittel prüfen, um eine vierte Kostensteigerung zu verhindern. Auf die Qualität darf dies aber selbstredend keine Auswirkung haben“, so die Erwartung Hermanns an die Göttinger Stadtverwaltung.


Es ist mittlerweile die dritte Kostensteigerung bei der Sanierung. Waren 2017 noch 19,5 Millionen Euro kalkuliert, stiegen die Kosten erst auf 29,5 Millionen und dann auf 34,6 Millionen Euro. Mit dem jetzigen Sprung ist die 40-Millionen-Euro-Marke um 1,5 Millionen Euro deutlich überschritten – und die eigentliche Prognose um mehr als 100 Prozent gestiegen.

 


Auszug aus dem Protokoll der 5. Sitzung des Rates der Stadt Göttingen vom 12. Mai 2017, betreffend TOP Ö34 – Sanierung der Stadthalle:

Ratsfrau Herrmann teilt mit, dass die CDU-Ratsfraktion dieser Vorlage nicht zustimmen werde. Auch wenn man nicht grundsätzlich gegen eine Sanierung der Stadthalle sei, seien möglicherweise vorzuziehende Handlungsalternativen nicht geprüft worden. Eine Entscheidung über Sanierung oder Neubau sei auf Jahrzehnte gesehen von enormer Bedeutung für die Stadt Göttingen und ihre Bürgerinnen und Bürger. Zuvor müssten daher sämtliche Alternativen von der Verwaltung geprüft und transparent zur öffentlichen Beratung dargestellt werden. Dieser Pflicht sei weder Stadtverwaltung noch die Ratsmehrheit nachgekommen, sondern habe sich auf die Sanierung mit einem geschätzten Kostenvolumen in Höhe von rd. 19,5 Millionen Euro fixiert. Diese aber böte kaum einen funktionellen Mehrwert. Ratsfrau Herrmann schildert im Anschluss die nach ihrer Auffassung möglichen Alternativen (Abriss, Neubau, bzw. Neubau an anderer Stelle, Vergabe an einen Generalunternehmer, Verpachtung, usw.).
Abgesehen davon seien die Kosten für die Sanierung aus Sicht der CDU-Ratsfraktion nur grob geschätzt. Aus dem Sanierungskonzept gehe bereits ein Volumen von über 22 Millionen Euro hervor. In dem bisher genannten Kostenrahmen seien Aufwendungen für z.B. Räumung der Stadthalle, neue Bestuhlung, Kücheneinrichtung und vieles mehr gar nicht berücksichtigt worden. Unvorhersehbare Probleme können bei der Sanierung ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Die Entscheidung, ob eine Sanierung oder eher ein Neubau verfolgt werden sollte, dürfe nicht „übers Knie gebrochen“ werden. Es wäre sicherlich auch sinnvoll gewesen, Informationen aus anderen Städten abzufragen, in denen ebenfalls vergleichbare Veranstaltungshallen neu errichtet wurden. Letztlich stelle sich die CDU-Ratsfraktion auch die Frage, warum nicht über eine Erweiterung der Stadthalle - z.B. für einen Proberaum für das Göttinger Symphonie Orchester - nachgedacht worden sei. Es werde als grob fahrlässig betrachtet, wenn eine für die Zukunft der Stadt Göttingen so wichtige Entscheidung auf einer derart schmalen Informationsgrundlage getroffen werden soll.

 

Auszug aus dem Protokoll der 3. Sitzung des Ausschusses für Kultur und Wissenschaft/ Betriebsausschusses der Stadthalle vom 09. Februar 2017, betreffend TOP Ö2.1 – Sanierungskonzept Stadthalle – mündlicher Bericht:

Die Gesamtkosten für die Sanierung beliefen sich auf rd. 19,2 Mio. netto (resp. 22,8 Mio. incl. gesetzl. MwSt.). In den weiteren Darstellungen werde jeweils der Netto-Preis verwendet, da die GWG vorsteuerabzugsberechtigt sei. In den vorb. Gesamtkosten seien im Titel „Baunebenkosten“ allerdings auch bereits die Kosten für das heute zur Diskussion stehende Sanierungsgutachten enthalten. Die ausgewiesenen Sanierungskosten seien sehr sorgfältig kalkuliert worden; die Kostenvarianz betrage bestenfalls 12 – 15 %. Eine derartige dezidierte Kostenermittlung sei für den möglichen Erweiterungsbau allerdings nicht vorgenommen worden, da es sich hierbei doch eher um eine perspektivische Maßnahme handele; hier betrage die Kostenvarianz rd. 25 % bei ermittelten Kosten von rd. 9 Mio. EUR.